1. Bundesliga
Zuschauer: 14.687
Möbelhaus: Paderborn
Zum Glück stellte ich noch am Vorabend fest, dass meine Karte für das Spiel in Paderborn nicht auffindbar war. Relativ schnell dämmerte mir, dass ich diese wohl in meinem Spind auf der Arbeitsstelle eingeschlossen hatte. Da kommt Freude auf, wenn der Wecker noch früher klingelt und die ohnehin kurze Nacht noch ein wenig verkürzt. Am Samstag auf der Arbeit aufzulaufen ist auch ein schöner Moment. Nachdem ich den ganzen Spind durchwühlt hatte, sprang mir dann in der Seitentür noch die Karte ins Auge. Glück gehabt. Ich wusste es noch nicht, aber den Tiefpunkt des Tages sollte ich damit überwunden haben.
Nach etwas Schlaf und ein wenig Lektüre erreichten wir auch schon den Paderborner Hauptbahnhof. Seit 12:12 war ich nicht mehr in Paderborn und so machte sich wirklich so etwas wie Vorfreude breit. Einfach eine Stadt zu sehen, in der man noch nicht 20 Mal war, ein Stadion zum zweiten Mal, statt zum zehnten Mal betreten- das bedeutet fast schon einen Ausbruch nach viel zu vielen Jahren Hertha BSC.
Von der Innenstadt Paderborns war ich positiv überrascht. Nachdem man die Glaubenskrieger jeglicher Couleur umkurvt hatte, entfaltete sich eine erstaunlich niedliche und lebendige Innenstadt. Das gute Wetter trug sicher zum positiven Bild bei, denn unser Mittagessen nahmen wir bei Sonnenschein am Stadtmarkt ein und man fühlte sich eher in Südeuropa, als im biederen Ostwestfalen. Um es mit der Schickeria zu sagen: „Wie italienisch ist Paderborn? Schon sehr!“
Die Sonne schien und ich hatte keine Lust mich in einen Shuttlebus zu zwängen, also sagte ich Adieu zum Klabauterkeaper, der familiären Beistand bekam und lief zum Stadion. Meine Erinnerung von der damaligen Demo in Paderborn täuschte mich nicht und der Weg war wirklich sehr hässlich, aber die Sonne machte selbst das Möbelhaus, das die in Paderborn als Stadion verkaufen, halbwegs erträglich. Der Zugang zum Gästeblock war komplett umzäunt und so war man auf den guten Willen der Ordner angewiesen, die immer nur eine kleine Anzahl von Leuten in den Block ließen.
Direkt nach dem Eingang lief ich in Tschernie und Nemo, die wie viele andere Herthaner die kurze Fahrt als Einladung für viele Getränke genommen hatten. So war die Stimmung im Block ausgelassen und wir kamen gut in die Partie. Der Support war jetzt lautstärketechnisch sicher nicht überwältigend, aber er passte einfach zum Tag. Optisch wurde hingegen einiges geboten. Wir läuteten die Partie mit einem schönen Intro bestehend aus blau-weißen Fahnen, Konfetti und Kassenrollen ein. Im Vordergrund der Aktion wurde die Zaunfahne: Wir wollen Fußball ohne Millionäre präsentiert. Im weiteren Verlauf der Partie wurden immer mal wieder einzelne Fackeln gezündet, die den Support untermalten und anheizten. Ich bin ein großer Fan dieses Einsatzes von Pyrotechnik.
Auf der gegenüberliegenden Seite bemühten sich circa 100 Leute hinter der Supporters Paderborn Fahne um die Unterstützung ihrer Mannschaft. Einige Male klatschten die anderen Tribünen mit, ansonsten kam bei uns nicht wirklich was an.
Die Mannschaft war heute spielerisch gewohnt schlecht, konnte aber zumindest phasenweise durch Einsatz und Kompaktheit überzeugen. Anscheinend sind Mannschaften wie Paderborn trotz der ganzen Millionen mittlerweile unsere Kragenweite. Am Ende stand ein extrem glücklicher 2:1 Sieg, der einem etwas Luft im Abstiegskampf verschafft.
Nach dem Spiel gab es von unserer Seite noch einige Sprechchöre gegen Jürgen Klinsmann. Das nahmen die Paderborner zum Anlass um ebenjenen Klinsmann mit Sprechchören zu feiern. In der Folge entwickelte sich noch eine 30-minütige Rumalberei zwischen beiden Fanlagern, die einfach Spaß machte. Klar gibt es sicherlich Leute, die sagen: Wie kann man Paderborn überhaupt so ernst nehmen? Aber darum ging es in diesem Moment gar nicht und man muss sich auch nicht immer so wichtig nehmen. Es machte einfach Spaß und jede Abweichung von der Routine lässt mir das Herz aufgehen. Und wenn spontan der komplett gefüllte Gästeblock die Gärtner mit „Greenkeaper“ Sprechchören anfeuert, dann ist das einfach herrlich.
Gut gelaunt ging es aus dem Block und hin zu den Shuttlebussen, die die einzige Möglichkeit waren dem Käfig zu entkommen. Am Bahnhof zwang mich die Staatsmacht noch zu einer Ehrenrunde durch den Bahnhof, ehe ich in netter Runde und bei zahlreichen Flammkuchen den Abend in einer Paderborner Lokalität ausklingen ließ.


