Puppenkiste: Augsburg
Zuschauer: 26641
1. Bundesliga
Wer legt Spiele auf 18.00 am Sonntag? Wo ist die katholische Kirche, wenn man sie mal braucht? Gute Nachrichten jedenfalls für den deutschen Fernsehzuschauer, der nun nach drei (!) Partien Bundesliga nur wenige Minuten zu überbrücken hat, bevor er mit der Tagesschau und dem Tatort weitermachen kann. Dass man auf 18.00 auch noch das Spiel legt, bei dem die Gästefans die meisten Kilometer zurücklegen müssen, ist wohl einfach nur pure Boshaftigkeit. 600 Kilometer auf einen Sonntagabend…. Danke DFB!
Ich fuhr am Sonntagmorgen mit dem ICE nach Augsburg und profitierte von der ausgebauten ICE Strecke zwischen Berlin und München. Somit war ich in etwas mehr als vier Stunden in Augsburg (sprich Augschburrrrg). Gefühlt waren dort -20 Grad. Ich hatte meinen Körper nicht mehr unter Kontrolle und für Außenstehende muss es so ausgesehen haben, als würde ich krampfen, da ich so stark zitterte. Augschburg hatte im Gegensatz zum Rest der Republik keinen verkaufsoffenen Sonntag, was mich als Turbokapitalisten völlig aus der Bahn warf. Also ging es in die Herberge für die heutige Nacht, von wo aus ich einem plötzlich einsetzenden dichten Schneetreiben zusah. 1,5 Stunden später lagen circa 10 cm Neuschnee und es dauerte keine fünf Minuten, bis ich komplett nasse Füße hatte. Der Schnee war aber richtig schön fest und so konnte ich einige Schneebälle gekonnt einsetzen. Die Temperaturen waren plötzlich sehr mild geworden und so begann der Schnee bereits eine Stunde später rasant zu tauen.
Da selbst die Straßenbahnansager im tiefsten Bayerisch sprachen, fühlte ich mich bereits nach wenigen Stunden in Augschburrrg komplett verblödet und imitierte konsequent den bayerischen Dialekt. Die Kombination aus Schwaben und Bayern ist in etwa so, als wenn das Sprichwort Pest und Cholera statt Pest oder Cholera lauten würde. Ich stärkte mich mit einer Pizza, bevor ich mit der Tram in Richtung Stadion fuhr.
Die Fahrt war ähnlich fürchterlich, wie in Köln vor zwei Wochen. Ein absolut schauderliches Publikum, das sich in einer Sprache unterhielt, die ich nicht verstand. Dazu Fraternisierungsversuche zwischen 50-jährigen dickbäuchigen, völlig besoffenen Herthanern und Augschburgern. Herrlich! Irgendwann erreichten wir die hässliche Arena an der Autobahn und ich betrat erst circa 20 Minuten vor Anpfiff den Block. In diesem befanden sich zu dem Zeitpunkt vielleicht 100 Herthaner, die wohl größtenteils aus der Region kamen. Eine SMS brachte Gewissheit und die Fanszene steckte tief im Schneegestöber und würde den Anpfiff nicht pünktlich erreichen. Mein Glück, dass ich mit dem Zug angereist war. In solchen Situationen ist es furchtbar mitanzusehen, wer und vor allem wie das entstehende Vakuum gefüllt wird. Ich verbrachte die erste Halbzeit also Fußball guckend, bzw. eher nur mit gucken, denn dass was Hertha anbot konnte man nicht wirklich als Fußball bezeichnen. Es lief einfach gar nichts zusammen und nur durch Glück stand es zur Pause noch 0:0.
In ebenjener trafen dann auch die letzten Busse ein, sodass in der zweiten Hälfte supportet wurde. Ein sehr durchwachsener Auftritt, vor allem die Zahl der mitreisenden Herthaner war erschreckend. Mit viel Wohlwollen waren 700 Herthaner heute im Gästeblock. Ein Trend, der sicher auch mit den Anstoßzeiten zusammenhängt, denn auch im restlichen Stadion blieben viele Plätze frei, trotz des „Premiumprodukts Bundesliga“. Augsburg auf der anderen Seite fiel nicht weiter auf, was man schon fast als Lob werten könnte. Standardgesänge, Standardlautstärke, einfach eine graue Maus.
Auf dem Platz konnte sich Hertha in der letzten Minute einen komplett unverdienten Punkt ergaunern. Der eingewechselte Kalou erzielte nach einem Freistoß das 1:1. Ein völlig unberechtigtes Ergebnis, denn was heute gezeigt wurde, grenzte an Leistungsverweigerung. Augsburg war die klar bessere Mannschaft. So ging es einigermaßen versöhnlich zurück in meine Herberge und ich beneidete nicht die Anderen, die erst gegen 04.00 in Berlin ankamen.