Gottlieb-Daimler-Stadion: Stuttgart
Zuschauer: 57181
- Bundesliga
Nach einer ungewöhnlich kurzen Winterpause ging es bereits heute zum Rückrundenauftakt nach Stuttgart. Obwohl Stuttgart wahrlich nicht zu meinen Lieblingsorten in Deutschland gehört, freute ich mich auf das Spiel. Endlich mal wieder eine Partie am Samstag um 15.30 und dazu eine fußballbegeisterte Stadt und ein ordentlicher Gegner auf den Rängen. Gegen Mittag traf ich in der Schabenmetropole ein und wurde von der hochgerüsteten Miliz aufgehalten, die mich fragte, ob ich zum Fußball wolle. Als ich verneinte, konnte ich in die Innenstadt und traf mich mit dem eigens aus KA angereisten Meerowinger, mit dem ich bei traditioneller, schäbischer Küche die Neuigkeiten der letzten Monate austauschte. Nach einem Spaziergang durch die Innenstadt ging es für mich mit der S-Bahn nach Bad- Cannstatt. Da meine S-Bahn nicht die Haltestelle in der Nähe des Gästeblocks ansteuerte, stieg ich kurzerhand in Bad- Cannstatt aus und legte den restlichen Weg zu Fuß zurück.
Ich liebe diese Momente, wenn man alleine durch Feindesgebiet läuft und einem das Herz bis zum Hals schlägt. In meinem Kopf studierte ich schon einmal meinen schäbischen Dialekt ein, aber das war nicht einmal nötig. Das Viertel gefiel mir sehr gut, da überall Leute auf der Straße standen, die Kneipen und Restaurants bevölkerten und sich auf das Spiel einstimmten. Nur die letzten Kilometer durch das Gewerbegebiet nervten etwas, zumal ich einen riesen Umweg laufen musste, da ich über ein Vereinsgelände abkürzen wollte, dann aber an einer fehlenden Tür scheiterte und umkehren musste.
So betrat ich erst gegen 15.00 den Gästeblock und musste mich ganz schon durchdrängeln, um noch einen guten Platz im unteren Bereich des Blocks zu ergattern. Ich verquatschte die Zeit bis zum Anpfiff und zehn Minuten vor Beginn begannen wir uns in einer schönen Lautstärke einzusingen. Der Karlsruher Vorsänger richtete kurz das Wort an die zahlreich anwesenden KSC’ler hier heute alles für Hertha zu geben. Zu Beginn des Spiels beteiligten wir uns an der Schweigeminute für ein verstorbenes Mitglied der Stuttgarter Fanszene. Danach legten beide Seiten brachial los, indem sie sich einhakten und ein Lied herausschepperten. Deswegen liebe ich den Fußball so.
Leider flaute die Stimmung auf beiden Seiten auch schnell wieder ab. Gerade mit unserem Auftritt kann man nicht wirklich zufrieden sein. Die erste Halbzeit war mehr oder weniger zum Vergessen. In der zweiten Halbzeit konnten wir zumindest ein bisschen überzeugen und rasteten beim Gassenhauer „Oh Hertha BSC, der Meister von der Spree“ gut aus. Stuttgart möchte ich einen soliden Heimauftritt attestieren. Am Lautstärkeregler hätte man durchaus noch drehen können, aber die Melodien sind schon sehr melodisch, auch wenn sie fast halb Europa singt. Auch optisch ist die Cannstatter Kurve gut anzusehen. Per Spruchband gab es noch diverse Sticheleien gegen unsere geringen Auswärtsfahrerzahlen. „Geiziger Schwabe sucht Mitfahrgelegenheit nach Prenzlauer Berg. Laut Tagebuch sind noch Plätze im Szenebus frei“. Ein wirklich gelungener Seitenhieb. Das zweite Spruchband legte uns dann Blablacar als Option nahe, was ich nicht so überzeugend fand.
Auf dem Platz traten heute zwei Mannschaften auf Augenhöhe an. Wie so oft, vermisste ich jedoch den Siegeswillen auf Seiten der Hertha. Man schien hier mit einem Punkt mehr als zufrieden zu sein. Einige Chancen gab es durchaus. So traf Lazaro beispielsweise den Pfosten und Kalou traf aus fünf Metern das leerstehende Tor nicht. Durch ein peinliches Eigentor von Niklas Stark gaben wir kurz vor Schluss sogar noch den einen Punkt aus der Hand. Das Stadion kochte, denn der Treffer wurde dem herumstochernden Mario Gomez zugeschrieben. Ein vorhersehbares Ergebnis, das nichts Gutes für die nächsten Wochen erahnen lässt.
Nach dem Spiel mussten wir an Massen von hochgerüsteten Polizisten vorbei, nur um dann wenige Hundert Meter später mit den Stuttgart Fans zusammen die Bahn zu besteigen. Am Hauptbahnhof sah ich wie sich direkt eine Polizistengruppe in Bewegung setzte, um meiner Reisegruppe zu folgen. So ließ ich mich geschickt zurückfallen und konnte einmal mehr ausbüchsen und den Meerowinger einsammeln, mit dem es kurze Zeit später nach KA ging, wo wir exquisit dinierten und den Abend gemeinsam ausklingen ließen.