DFB Pokal
Zuschauer: 10.007
Stadion Wiesbaden
Eines der schönsten Fußballwochenenden des Jahres stand vor der Tür und bereits am Freitag sollte mit der ersten Partie gestartet werden. Gemeinsam mit meinen Mitreisenden war die Wahl auf die Variante „Südwest“ gefallen und so schlugen wir unsere Zelte im Basislager Röller auf. Wo? Bei Röller! Nachdem wir unsere Taschen in die Ecke geschleudert hatten, bestiegen wir unmittelbar den Zug in die hessische Landeshauptstadt. Dort suchten wir noch den örtlichen Dönerdealer auf und legten den letzten Kilometer zum Stadion zu Fuß zurück.
Der kurze Fußweg vom Hauptbahnhof ist auf jeden Fall ein Trumpf des Wiesbadener Stadions. Auf dem Fußweg fiel die extrem große Anzahl an Polizisten in so gut wie jeder Seitenstraße auf. Die Einlasssituation war überraschend entspannt und so liefen wir noch ein wenig die Blechschüssel entlang. Die Gänge waren jedoch reichlich schmal geraten, sodass ein geordnetes Vorwärtskommen nahezu unmöglich gemacht wurde. Also nahmen wir unsere Plätze ein, die sich aufgrund der vernünftigen Preispolitik der Wiesbadener auf Höhe der Mittellinie befanden.
So hatten wir einen schönen Blick auf die beiden Fanbereiche. St. Pauli machte sich auf der gesamten Hintertortribüne breit, wobei sich der organisierte Haufen um Ultrà Sankt Pauli im mittleren Bereich positionierte. Die Wiesbadener Fanszene, um die Gruppe Supremus Dilectio befand sich im linken Bereich der Tribüne und scharrte circa 100 dauerhaft supportende Leute hinter sich.
Auf dem Rasen entwickelte sich ein wunderbarer, rassiger Pokalfight. Beide Mannschaften versteckten sich nicht, sondern spielten munter nach vorne. Auch durch zahlreiche Abwehrfehler, kamen beide Seiten immer wieder zu Abschlüssen. In der 35. Minute konnte Wehen dann den Führungstreffer erzielen. Trotz der Herausnahme vom Topstürmer Sami Allagui, konnte Pauli in der zweiten Halbzeit den Ausgleich erzielen, sodass das Spiel in die Verlängerung ging. In ebenjener sorgte die Heimmannschaft durch einen Doppelschlag in der ersten Halbzeit der Verlängerung für die Vorentscheidung. Pauli erzielte zwar noch den Anschlusstreffer, konnte jedoch nicht mehr das Elfmeterschießen erzwingen.
Auf den Rängen zeigten beide Seiten im Rahmen ihrer Möglichkeiten einen guten Auftritt. Dass die Möglichkeiten von St. Pauli wesentlich größer sind, versteht sich von selbst. Die Hamburger wurden laut Zaunfahnenbeflaggung von der Schickeria aus München, dem Filmstadtinferno aus Babelsberg und den Ultras Inferno aus Lüttich unterstützt. Man brauch kein Prophet zu sein, um zu behaupten, dass der Großteil der anwesenden Paulifans wohl nicht aus Hamburg und Umgebung anreiste. Umso faszinierender war es, dass die Mitmachquote über weite Strecken des Spiels wirklich gut war. Pauli hat eine ansprechende Liedauswahl, die mich als neutralen Zuhörer immer wieder zum Mitnicken verleitete. Dazu gab es zum Intro ein wunderbares Fahnenmeer, das durch Stroboskope untermalt wurde. Die spät eingeleitete Aktion, sorgte für ein wunderbar simples, aber ausdrucksstarkes Bild. Es kann so einfach sein! Nach der Partie wurde die Mannschaft nicht etwa aus der Kurve gejagt, sondern minutenlang beklatscht und wiederaufgebaut. Die Uhren ticken dort anscheinend noch auf eine positive Art anders…
Die Heimseite ist bei Deutschlands Fanszenen nicht sonderlich beliebt und wird gerne als Retortenverein verschrien. Hauptkritikpunkte sind ein Umzug nach Wiesbaden, eine Ausgliederung und eine Fusion. Alles valide Kritikpunkte, die jedoch, wenn man ehrlich ist, bei fast allen Vereinen vorzufinden sind, nur wenn auch etwas länger zurückliegend. Eine schwierige Kiste. Die Gruppe tauschte in der Sommerpause fast ihr komplettes Tifomaterial aus. Ob die neuen Fahnen mit penetranten Pinkstichen eine Verbesserung darstellen, wage ich jedoch zu bezweifeln. Ansonsten gab es den typischen Einheitsbrei zu hören und nur wenige individuelle Akzente. Ob dies jetzt dem Spiel geschuldet war, oder der Standard in Wiesbaden ist, vermag ich nicht zu beurteilen.
Nach dem Abpfiff ging es für uns gemütlich zurück zum Hauptbahnhof und im Zug erlebten wir den Tageswechsel auf den Samstag. Viel Aktivität, war jedoch zu diesem Zeitpunkt nicht mehr zu vermelden und so ging es zügig schlafen. Wo? Bei Röller!