Das 24. Mal in Wolfsburg und ähnlich wie vergangene Woche in Gelsenkirchen, war die routinierte Langeweile nicht völlig von der Hand zu weisen. Enorme Lust auf das Spiel machte ausnahmsweise mal die Mannschaft, die wirklich hervorragend in die Saison gestartet war. Dementsprechend gelassen, fuhr ich an einem Samstag dem Auswärtsspiel entgegen. Nach einem sonnigen Vormittag waren dichte Wolken aufgezogen, die vorsichtig ihren Inhalt auf meinen Kopf hinabnieselten. Um etwas Abwechslung hereinzubringen, wählte ich eine etwas andere Route zum Stadion. Schon diese kleinen Abweichungen, werten den Spieltag wirklich erheblich auf.
Gegen 14.30 erreichte ich dann das Stadion und ließ zügig die Kontrollen hinter mir. Im Block kämpfte ich mich in die ersten Reihen durch und guckte in blasse, aber glückliche Gesichter. Offensichtlich war der Alkohol auf der kurzen Regiofahrt ordentlich geflossen. Schon weit vor Anpfiff trällerte der Gästeblock das eine oder andere Lied durch das noch ziemlich leere Stadion. Der VFL Block im Oberring war so leer, dass ich kurz sogar von einem Boykott ausging. In einer Ansprache vom Wolfsburger Vorsänger über das Stadionmikrofon, wurden anscheinend „Stadionverbote, die wie Bonbons verteilt werden“ erwähnt. Nähere Infos über die Hintergründe habe ich nicht.
Dann blies der Schiri in seine Tröte und unsere Mannschaft gestaltete das Spiel nicht ganz fürchterlich. Die Abwehr wackelte jedoch ziemlich, sodass Wolfsburg zu vielen Torchancen kam. Immer mal wieder konnte man jedoch auch kleinere Akzente setzen. Das 0:0 zur Pause war dennoch glücklich. In der zweiten Halbzeit kam Hertha dann besser ins Spiel und konnte nach einem katastrophalen Fehlpass der Wolfsburger einen Konter beherzt zum 0:1 nutzen. Eine sehr zweifelhafte Schirientscheidung führte dann zum Wolfsburger Ausgleich. Einen kleinen Rempler von Maier nahm ein Wolfsburger dankend an und der Schiri entschied auf Freistoß. Durch den Videoassistenten wurde die Chose zum Strafstoß aufgewertet. Ein Witz! Durch einen schlitzohrigen Freistoß von Duda konnte Hertha in der Nachspielzeit das 2:1 erzielen, was unglaublich war. Dann fehlte jedoch einmal mehr die Cleverness und Wolfsburg kam fast postwendend zum Ausgleich. Ein sehr bitterer Spielverlauf. Die Punkteteilung sicher nicht unverdient, aber so ein Spiel muss man nach dem Verlauf dann einfach gewinnen. Egal, weitermachen!
Ein ordentlicher Teil des Publikums hielt es heute mit den Blau-Weißen. Ich würde die Zahl der Mitreisenden auf ungefähr 5.000 Herthaner schätzen. In der ersten Halbzeit war das eine eher unterdurchschnittliche Leistung auf den Rängen. In der zweiten Halbzeit konnte man auch beflügelt durch den Spielverlauf noch etwas draufpacken. So blieb ein ordentlicher Auftritt, der nicht lange in Erinnerung bleiben wird.
Wolfsburg habe ich auch schon schwächer gesehen. Gar nicht so selten konnte man die selbsternannten Autoschrauber bei uns vernehmen. Optisch jedoch ein Offenbarungseid. Oder war das Teil des Protests? Dass es bei Wolfsburg beides sein kann, sagt eigentlich schon alles.
Nach dem Spiel schlenderte ich noch mit dem Herthahaufen zum Bahnhof, komplementierte die engen Leggings der Polizeireiter und quatschte allerhand weiteren Dünpfiff, der den Spaziergang schnell vergehen ließ. Kurz vor dem Hauptbahnhof verabschiedete ich mich und wand mich elegant wie eh und je aus dem Mob und an der Polente vorbei, um den Abend mit Wein und Musik ruhig ausklingen zu lassen.