- Liga
Zuschauer: 3.878
Ernst-Abbe-Sportfeld: Jena
Die Nacht war gar nicht so lang, denn heute sollte bereits um 9.30 wieder Abfahrt sein. Jena erschien für einen Samstag die perfekte Partie, da der KSC am Sonntag in Zwickau spielen würde. Zwickau war für mich das klare Zielspiel. Jena hat zwar ein sehr schönes Stadion, aber ich hatte den Ground schon und ein Spiel gegen Münster im Januar lockt einen jetzt nicht übermäßig. Dennoch ging es guten Mutes mit dem Auto und zwei jungen Herthanern in Richtung Thüringen. Mit guter Musik wurde auch der Stau überstanden und wir waren auch zeitlich im Soll. Irgendwann wunderten wir uns über die vielen Nachrichten, die über die verschiedenen Kommunikationswege auf den mobilen Geräten aufleuchteten. Kurze Zeit später hatten wir die schmerzliche Gewissheit. Das Spiel in Zwickau wurde abgesagt. Ich hatte das ehrlich gesagt bereits bei der Buchung befürchtet. Den Gedanken dann jedoch schnell weggewischt. Binnen Sekunden war die Stimmung auf dem Nullpunkt angelangt. Auch wenn ich ebenfalls enttäuscht war, wunderte mich der abgrundtiefe Fall meiner Mitreisenden etwas. Die Aussicht eine Nacht in Jena ohne Anlass zu verbringen sorgte fast für Depressionen.
Die Unterkunft lag zentral und so liefen wir erst einmal durch das Jenaer Paradies zum Stadion. Für 12 Euro kauften wir uns Tickets für die nicht überdachte Gegentribüne, was bei Regen eine mutige Entscheidung war. Mit einer Bratwurst bewaffnet, charmierten wir jedoch die Ticketkotrolleurin und schwups waren wir auf der Haupttribüne. Dort fanden wir ein hübsches Plätzchen mit absolut fantastischer Aussicht. Die zweite positive Überraschung folgte zugleich, denn Münster schien wider Erwarten präsent zu sein. Eigentlich hatten sich die Gruppen doch nach der Ausgliederung des Vereins aufgelöst.
Die Münsteraner positionierten sich hinter einer „Gezweifelt aber nicht gebrochen“ Fahne, was ich merkwürdig fand. Was ist denn das für eine Aussage? Danach brannten die circa 100 Aktiven ein echtes Feuerwerk ab. Nach einjähriger Abstinenz waren die Leute merklich heiß und rasteten fast das gesamte Spiel aus. Ich vermute, dass sich der Haufen aus Leuten bestand, die die Linie um die Gruppenauflösung nicht mittrug. Mich verwundert dieser Weg jedoch schon etwas. In einem anderen Artikel hatte ich ja schon darauf hingewiesen, dass ich den Eindruck hatte, dass sich Münster in eine Sackgasse manövriert hat mit dem Stimmungsboykott. Wie man jetzt die Wiederaufnahme des Supports glaubhaft begründen möchte, ist mir schleierhaft. Wahrscheinlich stellt man sich jetzt ein paar Wochen hinter die neutrale Fahne, gründet dann eine Gruppe und macht so weiter wie zuvor. Irgendwie verständlich, aber eben auch nicht wirklich konsequent.
Jena habe ich auch schon einmal stärker gesehen. Einige Gesänge gefielen mir wirklich. Stichwort: „Auf Europas Gipfeln stehen“ und der Fahneneinsatz war durchgehend. Es waren jedoch auch etliche Lücken im kleinen Block zu sehen und das ganz große Feuer sah ich nicht. Ein Spruchband thematisierte noch, dass es für Auschwitz weder ein Vergeben noch ein Vergessen gebe.
Auf dem Rasen war eigentlich nach einer Viertelstunde klar, dass es heute ein 0:0 geben würde. So kam es dann auch. Trotz etlicher Chancen, schaffte es keine der beiden Mannschaften den Ball irgendwie im Tor unterzubringen. Bitter! Wir liefen dann in die Stadt, aßen einen Burger und guckten die zweite Halbzeit Bundesliga. Ich gewann endlich mal wieder, wenn auch einen kleinen Betrag, mit einem Wettschein. Dann hatten sich die Jungs mit einem Aufenthalt in Jena abgefunden, wir bezogen das Zimmer und überlebten alle irgendwie die Nacht in Thüringen.