Israelischer Staatspokal
Zuschauer: 9.500
Teddi Malcha Stadion: Jerusalem
Den gesamten Tag spazierte ich wie ein Besessener durch Jerusalem. Die Stadt hat viel zu bieten und meine Zeit war knapp. So ging es für mich zur Klagemauer, durch die Altstadt, auf den Ölberg und dann ausgiebig nach Ostjerusalem. Früh hatte ich es mir in den Kopf gesetzt den Weg zum Stadion ebenfalls zu Fuß zurückzulegen. Zwar liegt das Stadion nicht wirklich zentrumsnah, aber ich war gespannt wie der Weg dorthin aussehen würde. Ich war solide in der Zeit, als ich begann loszulaufen. Gleichzeitig wollte ich meinen gestrigen Fehler nicht wiederholen und erst um 22.00 zu Abend essen. Als ich daher einen gutaussehenden Burgerladen erspähte riskierte ich den Zeitpuffer und gab eine Bestellung auf. Kulinarisch sollte sich das lohnen- zeitlich brachte mich diese Entscheidung jedoch in die Bredouille.
So stand als geplante Ankunftszeit nun 19:07 auf meinem schlauen Handy. 18:45 sollte jedoch bereits angestoßen werden. Aber ich hatte ja noch 3,5 Kilometer vor mir. Also fing ich an zu laufen und knusperte Minute für Minute von der geplanten Ankunftszeit ab. Entgegen kam mir dabei die Topographie, denn es ging größtenteils bergab. Dennoch geriet ich ordentlich ins Schwitzen. Auch der Weg, der mich über eine Schnellstraße und durch eine Baustelle führte, konnte mich nicht stoppen. Heute fand ich auch das Tickethäuschen sofort und für einen fairen Zehner bekam ich zügig eine Karte. Schnell noch durch die Sicherheitskontrolle und dann kam ich tatsächlich zeitgleich mit den Mannschaften in das Stadion. Das war eine Willensleistung.
In Israel sind viele alltägliche Dinge kontrovers und politisch, bzw. religiös aufgeladen. So auch der Standort des Teddy-Stadions. Das Stadion befindet sich auf dem Gebiet des ehemaligen palästinensischen Dorfes al-Maliha, dessen Bewohner im Jahr 1948 vor der Eroberung des Ortes durch israelische Truppen flohen. Dadurch ist der Standort des Stadions vor allem bei Palästinensern und arabischen Israelis hochumstritten. Im Juni 2018 sollte ein WM-Vorbereitungsspiel zwischen Israel und Argentinien im Teddy-Stadion ausgetragen werden. Dies empfanden die Palästinenser als Provokation. Nachdem es Terror- und Morddrohungen gegen argentinische Spieler gab, wurde das Spiel letztlich abgesagt. Die Spiele der israelischen Nationalmannschaft werden in der Regel in Haifa ausgetragen.
Beitar Jerusalem ist einer der drei großen Vereine in Israel. Die Anhänger des Vereins gelten als konservativ und mindestens rechtsoffen. Die Ultras um „La Familia“ sorgten mehrfach für ihre Ablehnung von arabischstämmigen Spielern, für Aufruhr. So spielt bei Beitar auch heute nach wie vor kein einziger Araber in der Mannschaft. Zuletzt machte der Verein Furore, indem er ankündigte den Namen Donald Trumps mit in den Vereinsnamen aufzunehmen. Ausschlaggebend war die Ankündigung Trumps die amerikanische Botschaft nach Jerusalem zu verlegen und somit die Stadt als Hauptstadt anzuerkennen. Sehr sympathisch alles…
So war es nicht irrelevant, dass der Gastverein heute aus Palästina kam. Das Spiel ist an sich schnell erzählt. Jerusalem war die bessere Mannschaft, auch wenn die Gäste mutig dagegenhielten und zwischenzeitlich den Ausgleich erzielen konnten. Schlussendlich ging es nicht unverdient 3:1 aus.
Die Gäste wurden von 400 Leuten begleitet, wobei es bis auf wenige Ausnahmen keinen wirklichen Support gab. Es handelte sich wohl vor allem um Familie und Freunde der Spieler. Beitar hingegen machte hinter der La Familia Fahne einen richtig guten Eindruck. Lange gehaltene wunderschöne Melodien, mit einer guten Mitmachquote. Dazu gab es einige Schwenker, die oft in der Luft waren. Das machte richtig Spaß, wenn, ja wenn.
Nach dem zwischenzeitlichen Ausgleich jubelten die Gäste zunächst ausgiebig. Zum Abschluss beteten die Spieler kurz gemeinsam. Ich weiß nicht, ob das eine bewusste Provokation war, jedenfalls brach jetzt die blanke Hölle aus. Sofort machten sich 50 Leute von Beitar auf den Weg in Richtung Gästeblock und überkletterten einige Zäune. Die Polizei und das Militär stellte sich dann irgendwann entgegen, ging jedoch sehr zaghaft vor. Dann entwickelte sich eine kurze Boxerei mit den Ordnern und der Polizei. Vom Gästeblock waren die Beitars noch circa 50 Meter entfernt. So gab es dann keine Geländegewinne mehr, aber immer mehr Fans von Beitar liefen in die Richtung, sodass am Ende bestimmt 1.000 Leute in der Ecke standen. Wahnsinnige Szenen, aber auch wirklich abartig.